Der Reykjavík-Index for Leadership: Ergebnisse für Deutschland

Der Reykjavík Index for Leadership wurde in Zusammenarbeit mit dem Reykjavík Global Forum im Jahr 2018 entwickelt und ist das Maß dafür, wie Frauen und Männer in Bezug auf ihre Eignung für eine Führungsposition wahrgenommen werden. Ein Wert von 100 würde bedeuten, dass Frauen und Männer von der Gesellschaft als gleich geeignet für Führungspositionen angesehen werden.

Im Jahr 2025 ist der Reykjavik Index mit 68 für die G7-Länder auf einem Tiefstand. Auch in Deutschland wurde 2025 der geringste Wert seit dem Beginn der Befragung in 2018 gemessen. Er liegt nur noch bei 62, womit Deutschland das Schlusslicht in den G7 bildet und sich auch im globalen Vergleich im letzten Viertel befindet.

Ein besonders besorgniserregender Trend der letzten Jahre setzt sich auch in diesem Jahr fort: Es ist ausgerechnet die jüngste Altersgruppe, die der gleichen Eignung von Männern und Frauen für Führungspositionen besonders skeptisch gegenüberstehen. So verzeichnen junge Frauen zwischen 18 und 34 Jahren in Deutschland nur einen Wert von 59, junge Männer in derselben Altersgruppe nur einen Wert von 53. Ältere Altersgruppen sind deutlich progressiver eingestellt.

Blickt man auf die Eignung der Geschlechter für Führungspositionen nach Branchen, so zeigt sich, dass in Deutschland zwar in vielen Branchen wie Architektur (74), Medien (73) oder den Naturwissenschaften (71) sowohl Frauen als auch Männer als geeignet für Führungspositionen angesehen werden. Gleichzeitig werden Frauen jedoch als besonders geeignet für Branchen angesehen, in denen Care-Arbeit geleistet wird und die traditionell weiblich interpretiert werden, wie Kinderbetreuung, Bildung oder der Gesundheitssektor. Daneben zeigt sich in den Daten eine zunehmende Vermännlichung von Branchen, die mit Männern in Verbindung gebracht werden. wie Verteidigung und Polizei, Automobilbau und Maschinenbau.

Deutschland steht vor einem Regierungswechsel und es zeichnet sich ab, dass im neuen Bundestag weniger Frauen vertreten sein werden als im alte. Wie nehmen die Deutschen also vor diesem Hintergrund die Eignung von Frauen für politische Führungspositionen wahr?

In Deutschland fühlen sich 44 Prozent sehr wohl mit einer Frau als Regierungsoberhaupt und damit etwas weniger als im G7-Durchschnitt (47%). Geringfügig weniger viele fühlen sich sehr wohl mit einer weiblichen Ministerin (41%). Ein interessanter Befund ist auch: Deutschland ist das einzige untersuchte Land, in dem sich die Befragten wohler mit einer weiblichen Regierungschefin fühlen (44%) als mit einer weiblichen Führungsperson in einem Unternehmen (41%). Die 16 Jahre Regierungszeit unter Angela Merkel scheint die Wahrnehmung der Deutschen zu Frauen in politischen Ämtern also geprägt zu haben.

Dr. Michelle Harrison, CEO von Verian und Mitbegründerin des Index, kommentiert:

„Die diesjährigen Ergebnisse des Reykjavik Index verdeutlichen, dass in einer Zeit der Polarisierung die Gleichberechtigung bei der Wahrnehmung von Frauen in Führungspositionen ins Stocken geraten ist. Dies ist eine Ära des Stillstands und im schlimmsten Fall einer zunehmend rückschrittlichen Haltung gegenüber weiblichen Führungskräften."

Die Ergebnisse des Reykjavik Index 2025 zeigen also, dass Deutschland im Bereich der Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen weiterhin vor großen Herausforderungen steht. Trotzdem ist in Deutschland 80 Prozent der Befragten der Meinung, Gleichstellung sei wichtig für eine gerechte und demokratische Gesellschaft. 41 Prozent sind der Meinung, in der Politik sei Gleichstellung noch nicht erreicht. Die Aufgabe, Gleichstellung der Geschlechter weiter voranzutreiben, ist also noch nicht beendet und bleibt eine zentrale Aufgabe einer neuen Regierung.

Für mehr Informationen zum Reykjavik Index in Deutschland und andere Studien von Verian im Bereich der Gleichstellung wenden Sie sich gerne an Dr. Sophia McDonnell.